Positionspapier der IEEPO

Zusammenfassung

Humanisierung des Gesundheitswesens: Ein Aufruf zur Transformation

Mit COVID-19 hat erstmals in der Geschichte eine Pandemie die gesamte Weltwirtschaft lahmgelegt und die Gesundheitssysteme in die Knie gezwungen. Erste Risse in den Systemen waren jedoch schon vor COVID-19 erkennbar. Die Gesundheitssysteme sind ursprünglich für die Akutversorgung konzipiert, und die Bedürfnisse der stetig alternden, wachsenden und vielfältigeren Bevölkerung haben sie zunehmend gelähmt. Seither wächst der Druck, das gesamte Gesundheitswesen zu transformieren. Hier einige der identifizierten systemischen Herausforderungen der Gesundheitssysteme:

  • Bestehende Silos, in denen einzelne Disziplinen und Anspruchsgruppen isoliert voneinander arbeiten 
  • Wachsender Einfluss der Patientengemeinschaft auf Entscheidungsprozesse im Gesundheitswesen 
  • Unzureichende Kommunikation, vor allem zwischen Patienten und medizinischem Fachpersonal/Behandlern bzw. anderen Verantwortlichen und Interessenvertretern im Gesundheitswesen
  • Vorrang medizinischer Standardlösungen gegenüber Ansätzen der personalisierten Medizin
  • Defizite beim digitalen Zugang, Mangel an IT-Kompetenz und -Werkzeugen sowie das Fehlen einer übergreifenden zuverlässigen IT-Infrastruktur zum Informationsaustausch
  • Mangelnde Verfügbarkeit von Behandlungs- und Patienten relevanten Daten
  • Datenschutzrechtliche und andere rechtliche Fragen zu Patientendaten.

Eine Neuausrichtung der Gesundheitssysteme auf die Bedürfnisse von Patienten und Gesellschaft muss kein Traum bleiben. Die explosionsartige technologische Entwicklung und die Nutzung sozialer Medien ermöglichen neue Denk- und Gestaltungsansätze. Gefragt ist ein achtsames und nachhaltiges System, das auf vertrauensvollen und gleichwertigen Partnerschaften zwischen Patienten, Behandlern und anderen Beteiligten des medizinischen Ökosystems basiert. Dies ermöglicht eine ganzheitliche Versorgung, die letztlich zu besseren Ergebnissen führt.

Humanisierung des Gesundheitswesens: Der Gesundheitssektor muss den Menschen ins Zentrum stellen. Das Ziel sind nachhaltige Gesundheitssysteme und eine personalisierte Medizin

Eine ”Humanisierung des Gesundheitswesens” ist das Hauptanliegen des Positionspapiers der IEEPO und der gesamten Arbeit der Initiative. Dabei ist der Begriff «Humanisierung» laut Busch, Moretti, Travaini et al. (2019) noch unzureichend definiert. Sie grenzen das «humanisierte Gesundheitswesen» von den automatisierten und mechanisierten unpersönlichen Methoden ab, die ein Ergebnis der zunehmenden Technifizierung sind. 

Demnach ist die humanisierte Gesundheitsversorgung ein personalisierter Ansatz, der Patienten und alle relevanten Interessengruppen gleichermassen einbezieht. Stolpersteine bei der Umsetzung sind fehlende IT-Kompetenz und der Mangel an IT-Lösungen. The Lancet behandelt in einem Bericht zahlreiche Herausforderungen, die bei der digitalen Transformation im Gesundheitswesen zu lösen sind, damit sich der Nutzen der Digitalisierung für die Gesundheit von Menschen voll entfalten kann (Kickbusch, Piselli, Agrawal et al. 2021). 

Das IEEPO Positionspapier analysiert die Chancen und Risiken im Zusammenhang mit dem Thema “Humanisierung der Gesundheitswesens” in den nachstehenden fünf Kategorien. Ferner wird ein Fahrplan zur Veränderung vorgeschlagen, bestätigt durch   Vertreter der internationalen Patientengemeinschaft. 

  1. Der Mensch im Zentrum des Gesundheitswesens
  2. Humanisierung der Gesundheitskompetenz
  3. Humanisierung des digitalen Gesundheitswesens: Kompetenzvorsprung durch die Nutzung von Patientendaten
  4. Humanisierung der Gesundheitsversorgung: Ein 50:50-Modell mit den Schwerpunkten Prävention und Heilung
  5. Mehr Menschlichkeit in der Medizin durch Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion.

Das ehrgeizige Positionspapier enthält praktische, evidenzbasierte Ansätze zur Förderung der personalisierten Medizin, die in Zusammenarbeit mit Innovatoren, Technologie-Partnern, Ärzten medizinischem Fachpersonal, Biopharma-& Pharma-Firmen, Regulatoren, Schulen, Wissenschaftlern und Regierungen um das Gesundheits-Ökosystem zu transformieren.

Das Papier stützt sich auf aktuelle Daten einer IEEPO-Umfrage, die im August/September 2021 durchgeführt wurde. An der Umfrage beteiligten sich insgesamt 304 Patientenvertreter aus den Regionen Europa, USA/Kanada, Asien-Pazifik, Lateinamerika und Nahost & Afrika. Ergänzt wurden die Ergebnisse durch Experteninterviews und umfangreiche Recherchen, um die exzellente Vorarbeit auf diesem Gebiet zu nutzen.

Nur Handeln führt zum Erfolg!

"Veränderung passiert nicht über Nacht. Aber mit vereinter Kraft aller Beteiligten können wir unsere Gesundheitssysteme transformieren."

IEEPO External Advisory Committee (EAC)

Wir müssen durch Zusammenarbeit mit sämtlichen Akteuren des Gesundheitswesens einen grundlegenden Wandel schaffen, um die künftige Gesundheitsversorgung nach den Bedürfnissen der Menschen und ihrem jeweiligen Umfeld zu richten. In einem umfassenden Aufruf zum Handeln fordern wir Regierungen auf, ihre primäre und sekundäre medizinische Versorgung zu reformieren und stärker auf Prävention auszurichten. Ferner rufen wir Schulen und Hochschulen auf, in Zusammenarbeit mit lokalen Patientenorganisationen die allgemeine Gesundheitskompetenz zu stärken. Von der Technologiebranche fordern wir, IT-Investitionen in die Schaffung vertrauensvoller und gleichwertiger Partnerschaften zwischen Patienten und Ärzten zu kanalisieren. Und schliesslich müssen wir uns im Zuge des Wandels noch stärker darauf konzentrieren, die individuellen Gesundheitsbedürfnisse der Betroffenen zu verstehen. 

Jedes Kapitel des Positionspapiers enthält Best-Practices, d.h. Fallstudien von erfolgreich durchgeführten Massnahmen oder Initiativen. Parallel dazu hat IEEPO eine Poster Galerie mit Fallstudien von Patientenvertretern zusammengestellt. Die Poster enthalten über das Positionspapier hinausgehende zusätzliche Beispiele und Anhaltspunkte zur fortlaufenden Planung und Umsetzung. Wir bitten Sie alle, eigene Fallbeispiele mit IEEPO und den beteiligten Patientengruppen zu teilen.

Ein besonderer Dank gilt dem externen IEEPO Beirat von Patientenvertretern für seine Mitwirkung und Unterstützung sowie den Patientenvertretern, die uns im Rahmen der Umfrage zusätzliche Erkenntnisse geliefert hat.

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